Die meisten Menschen denken nicht so gut, wie sie glauben. Statt möglichst optimale Lösungen zu finden, denken viele von uns in gewohnten Bahnen. Das hat mit der Funktionsweise unseres Gehirns zu tun. Echtes Denken verbraucht jede Menge Energie: Sauerstoff und Zucker. Daher greift unser Gehirn gerne auf alte Gewohnheiten, Stereotypen und Erfahrungen zurück. Dieses Gewohnheitsdenken ist energiesparend und schnell – vor allem aber: fehleranfällig.
Unter Zeitdruck, in Stress- oder Konfliktsituationen wie sie im Führungsalltag immer wieder vorkommen, greifen wir allzu gerne auf unser Gewohnheitsdenken, eine Art Autopiloten, zurück. Es muss im Arbeitsalltag schließlich „schnell“ gehen und schon sind wir in eine „Denkfalle“ getappt.
Der Kopf ist rund, damit unser Denken die Richtung wechseln kann! (Albert Einstein)
Gerade in schwierigen Führungssituationen ist „Denken in neuen Bahnen“ der Schlüssel zum Erfolg. Die alten Muster funktionieren auf einmal nicht mehr, sonst hätte sich die Situation schon längst aufgelöst, der Konflikt hätte sich entschärft – hat er aber nicht. Hier bräuchte es neue Lösungsansätze, einen Wechsel des üblichen Denkrahmens oder einen Wechsel der Perspektive, um überhaupt wirksame Lösungsansätze finden zu können. Das hat viel mit Aufmerksamkeit gegenüber den eigenen Denkgewohnheiten und mit geschärfter Wahrnehmung zu tun, denn viele Denkmuster sind uns gar nicht bewusst.
Edward de Bono hat als Kontrapunkt zum Gewohnheitsdenken den Begriff „Laterales Denken“ geprägt. Laterales Denken ist das bewusste “um die Ecke denken”, „unkonventionell“ oder „in anderen/neuen Perspektiven denken“. Mit seinen Methoden werden die üblichen Denkmuster und Gewohnheiten so verändert, dass sich eine Neuanordnung der Informationen ergibt. Plötzlich werden Lösungswege sichtbar, welche vorher unerkannt geblieben sind.
Selbsttest: Fällt Ihnen an diesen Rechnungen etwas auf?
25-4=21; 7+12=19; 35-23=12; 17-3=13; 23-4=19
Lesen Sie erst weiter, wenn Sie das Rätsel gelöst haben!
Wenn es Ihnen so gegangen ist, wie unzähligen Testpersonen vor Ihnen, dann lautet Ihre Antwort: „Eine dieser Rechnungen ist falsch.“ Keiner, absolut keiner der diesen Test machte sagt: „Vier Rechnungen sind richtig.“ So simpel dieses Experiment auch ist, es belegt eindrucksvoll wie stark wir darauf konditioniert sind unsere Wahrnehmung darauf zu reduzieren, was nicht funktioniert. Und das hat enorme Auswirkungen auf unsere tägliche Arbeit. Es prägt den Kommunikationsstil im Unternehmen, beeinflusst massiv die Art und Weise unsere Kooperationsbereitschaft mit anderen Abteilungen und bestimmt nicht zuletzt das Klima im Unternehmen.
Laterales Denken bedeutet qualifizierte Wahrnehmung, die Entwicklung einer eigenen Fragehaltung, die Infragestellung fester Konnotationen, Klischees und bestehender Konventionen, um das Verrücken, Umsetzen, Positionieren, Experimentieren, um das „Antenne – Ausfahren“, Wegdenken und Zulassen. Dies ist der Boden für Erkenntnis, neue Ideen und innovative Problemlösungen.
Dieser „Paradigmenwechsel im Denken“, in Wahrnehmung und Geisteshaltung wäre der ideale Ausgangspunkt einer lernenden Organisation, der einen fundamentalen Quantensprung im Hinblick auf menschliches und wirtschaftliches Wachstum auslösen könnte.
Und noch ein Zusammenhang ist in der Führungspraxis besonders spannend: wer bereit ist seine gewohnten Denkbahnen zu verlassen und verstärkt „Laterales Denken“ in seinen Alltag einbaut, wird mehr Empathie, mehr Einfühlungsvermögen entwickeln, Schubladendenken abbauen und weniger Stereotypen aufsitzen. Die Chancen steigen somit Denkfehler und Fehlentscheidungen im Führungsalltag zu vermeiden. Denn fast alle Denkfehler sind Wahrnehmungsfehler.
Also: heute schon gedacht oder (mal wieder) nur den Autopiloten genutzt? Laterales Denken kann man lernen. Es lohnt sich!